Am Mittwoch, dem 01.11.2017 (Allerheiligen), wurde in der Kirche St. Joseph zu Fulda in der Hl. Messe Fräulein Deisenroths gedacht.
Diese Grabstätte wurde als virtuelles Denkmal erstellt, weil eine andere Gedenkseite nicht mehr abrufbar ist. Damit verlor ich leider auch die genauen Daten, d.h., ich kenne nur noch den Geburtstag dieser kleinen großartigen Frau, nicht jedoch das Geburtsjahr oder ihren genauen Todestag - Fulda, im April 2011.
Ich bin einer von zahlreichen Menschen, denen Fräulein Deisenroth im Leben Beistand und Hilfe war.
In ihrer Rolle als Pfarrersnichte, Hauswirtschafterin und Gemeindehelferin machte sie sich für viele unentbehrlich, seien es Kinder aus schwierigen häuslichen Verhältnissen, seien es Obdachlose mit leerem Magen, seien es Verzweifelte oder Alte und Kranke. Vergrämte Menschen fanden Trost bei ihr, verletzte Tiere wurden gesund gepflegt.
Als eine jener Alltagsheiligen, die irgendwann stumm und fast unbemerkt gehen, weil zuletzt doch niemand mehr da ist, ihre Hand zu halten, als jemand, nach dem man sicher mindestens einen Weg oder eine Gasse benennen könnte, es jedoch bis heute nicht tut, hinterlässt sie nicht nur in meinem Herzen eine unauslöschliche Spur.
Wer auch immer sie im Internet sucht oder vermutlich auch gar nicht damit rechnet, sie verzeichnet zu finden, sei herzlich eingeladen, diesem hellen, klaren und lichten Menschen posthum eine Kerze zu entzünden!
Der unten folgende Text wurde niedergeschrieben, nachdem mir auf Nachfrage telefonisch mitgeteilt worden war, dass sie es geschafft hatte: Ihre letzten Jahre fristete sie in einem Pflegeheimdoppelzimmer mit einer ihr fremden Frau, körperlich versorgt, seelisch vereinsamt - und mit einem Teil ihrer Persönlichkeit schon längst im wahren Zuhause...
Fräulein Deisenroth
Sie sagen, Du bist tot.
Ich höre, Du bist frei.
Wie
alt bist Du geworden,
in dem schwachen Körper?
Bald 100, glaube ich, beinahe.
Und weine sehr dabei.
Gute Fee meiner Kindheit.
Lächeln, das mich trägt.
Humor, der mich umgab,
auch nach der Pubertät.
Aus Deiner Schublade, die Zigaretten,
die haben am besten geschmeckt.
In der Küche durfte ich rauchen
und mit Dir teilen, was mich drückte.
Und von diesen Kippen gibt's kein' Krebs
nur Lachen und Trost
und ein Daheim
wenn ich verloren war,
das mich Geschrei und Drohungen entrückte.
Ein gutes Wort
zu jeder Zeit
für alle.
Und Katzenfutter,
Spatzenfutter,
Blumenkaffee,
Schokoladenfalle.
Wo Dein Körper hinkte,
stand Dein Geist aufrecht da.
Messerscharf und präzise.
Dein Blick so forschend, klar.
Was hast Du schon gehabt...
als Mensch, als Frau, und spät,
gar erst die letzten Jahre -
Dein bester Freund und Mentor ging,
Du bliebst allein
Mit dem Latein und dem Gebet.
Du hast gewartet, gesessen,
geschlafen, gegessen,
hattest Dich dazwischen verirrt.
Ein Teil von Dir, nach außen,
schien teilnahmslos, verlassen,
war verwirrt.
Endlos
schien die Frist,
und qualvoll langsam zu vergehen.
Du wärest so gerne mitgekommen nach Berlin.
Und vieles wolltest Du nicht wissen
und nicht seh'n.
Das, was Dir an mir missfallen hätte -
einfach weggelacht, weggedacht, weggeschaut.
Bei Dir wurde jeder ein besserer Mensch
nach seinen Fähigkeiten
vor einem Blick ruhig, tief wie ein Kratersee, und wahr,
vor einem Herzen, blühend jung wie Heidekraut,
vor der Liebe und Strenge...
die kennt man von Erzengeln ja...
Du warst mir zeitlos eine Freundin
und ich liebe Dich so sehr
und danke Dir
in allen Leben, die sind und waren
denn eines reicht nicht aus dafür.
(Nicole Haibach, 2011)
Erstellt von Nicole Haibach