An diesem besonderen Sommertag saß ich mit
geschlossenen Augen auf einem Stuhl im
und träumte vor mich hin. Die Luft war
gefüllt mit Rosenduft, hin und wieder
durchbrach ein Summen der Bienen die
friedliche Stille. Plötzlich hauchte eine
liebliche kindliche Stimme nahe an mein Ohr:
"Kannst du meiner Mama und meinem Papa
sagen, das ich glücklich bin?" Verwirrt
schlug ich die Augen auf und schaute suchend
umher. Zauberhaftes Lachen untermalte die
Worte:
"Du kannst mich nicht sehen, vielleicht
manchmal im Traum, ich bin ganz nahe an
deiner linken Seite!" Ein warmer
Lufthauch streifte zärtlich mein Gesicht.
"Wer bist du, - wo kommst du her?"
Fragte ich das unsichtbare Wesen sonderbar
berührt.
"Ich bin ein Sternenkind, - schaue mir
die wunderschöne Welt an. Besonders wohlig
und kuschelig sind meine Lieblingsplätze, da
bin ich zu Hause."
Ich wusste nicht, was ein Sternenkind ist,
hatte noch nie von einem gehört. Sicher
konnte es meine Gedanken lesen, denn schon
erzählte es leise, - rührend kindlich - und
zugleich wie ein alter erschöpfter Mensch:
" Als ich noch zu sehen war, bin ich
viel zu früh aus dem warmen Bauch meiner Mama
geholt worden. Mir war furchtbar kalt, ich
fühlte mich ganz schwach und war winzig
klein. Um mich herum standen fremde Menschen
und ich hörte laute, durchdringende
Geräusche. Ich hatte so sehr Angst. Das
grelle Licht tat meinen Augen weh. Ich
weinte, wollte zurück, hinein in Mamas
sicheren Bauch. Doch die Menschen quälten
mich, zerstachen immer wieder mit Nadeln
meine zarte Haut. Das hat sehr, sehr weh
getan, - ich war hilflos, konnte mich nicht
wehren. Vor Schmerzen und Schrecken habe ich
so lange geweint, dann geschrieen, bis ich
endlich entkräftet einschlief. Als ich wieder
aufwachte, fühlte ich eine sanfte
streichelnde Hand. Das war die Hand meiner
traurigen Mama. Sie weinte und weinte und
flehte:
"Kämpfe, kleiner Engel, bitte kämpfe,
wir haben dich doch so lieb, verlass uns
nicht, bitte, bitte!"
Immer und immer wieder flüsterte sie mir die
Worte verzweifelt zu. Tag für Tag, Woche für
Woche, beim Kuscheln und Füttern, wenn ich in
dem entsetzlichen Kasten, danach im Bettchen
oder in ihren warmen Armen lag. Kuscheln war
so schön mit Mama und Papa, ich wollte ihnen
doch nicht wehtun. Darum bin ich noch lange,
- lange mit meinen Schmerzen geblieben, bis
ich nicht mehr konnte und meine Kraft zu Ende
war. Nur einmal in meinem kurzen Leben durfte
ich etwas tun, was ich wollte, - ich bin aus
meinem schmerzvollen Körper herausgeschlüpft
und ließ ihn einfach liegen. Ich habe mich
unsichtbar gemacht. Jetzt bin ich frei und
sehr glücklich, niemand tut mir weh."
Tief erschüttert fühlte ich mit dem
zerbrechlichen Kind, seine unbeschreibliche
Not, die grausamen Schmerzen, seine
immerwährende Angst und grenzenlose
Hilflosigkeit und dann - die Erlösung.
Auch ich musste mich von einigen geliebten
Menschen für immer trennen. In meinem Schmerz
habe ich nur wenig überlegt, wie der
Verstorbene vor seinem Tod dachte und fühlte,
ob der geliebte Mensch sich nach dem
entgültigen Frieden sehnte. Ich wollte nicht
verlassen werden, sondern festhalten, -
behalten. Dieses Kind veränderte plötzlich
meine Sichtweise.
"Sagst du jetzt meiner Mama und meinem
Papa, das ich glücklich bin?"
"Sehr gerne möchte ich deinen Wunsch
erfüllen, liebes Sternenkind, doch ich kenne
deine Eltern nicht, wie kann ich ihnen von
dir berichten?"
Eine Weile war es sehr still. Ängstlich
hoffte ich, dass mich das Sternenkind nicht
enttäuscht verlassen hatte. Als ich endlich
wieder die liebliche bittende Kinderstimme
hörte, war ich erleichtert.
"Wenn du meine Geschichte aufschreibst,
können alle Menschen sie lesen, auch meine
Mama und mein Papa, dann wissen sie, wie
glücklich ich bin." Etwas ging mir noch
durch den Kopf, behutsam fragte ich mit
sanfter Stimme:
"Hast du deine Eltern nicht mehr
wiedergefunden, nachdem du dich unsichtbar
gemacht hast?"
Ein kleiner Seufzer ertönte an meiner linken
Seite.
"Ich musste sie nicht suchen, ich habe
meine Eltern nie ganz verlassen. Doch ihr
Schmerz ist so groß und betäubend, meine
Stimme ist zu leise, - schreibst du jetzt
alles auf?"
"Ja, liebes Kind, das verspreche ich
dir. Vertraust du mir auch an, wo deine
kuscheligen und wohligen Lieblingsplätze
sind?"
Zum letzten Mal hörte ich das zauberhafte
glückliche Lachen und die Stimme wurde leiser
und leiser. "In den Herzen der Menschen,
die mich lieb haben und an mich
denken!"
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Sibylle mit Anissa,Sara Marie & Kruemelchen für immer
tief im Herzen
Erstellt von sibylle baouch